Ein Licht im Dunkeln

Ein never ending Lockdown

Bereits seit Ende Februar 2020 befinde ich mich aufgrund meiner fortschreitenden Erkrankung fast durchgehend in freiwilliger häuslicher Isolation. Eine Infektion mit dem Coronavirus würde bei mir, mit einem sehr hohen Risiko, für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf führen.

Doch was bedeutet Lockdown für Menschen wie mich, die zur Hochrisikogruppe gehören, weil sie schwere Vorerkrankungen haben? Ich will versuchen es zu beschreiben:
ich verlasse meine Wohnung seit nunmehr 12 Monaten ausschließlich um spazieren oder um mit Hazel Gassi zu gehen oder zu trainieren.
Alle Einkäufe und notwendigen Besorgungen werden entweder von meinen persönlichen Assistenten übernommen oder online von mir selbst durchgeführt.
Treffen mit Freunden oder Familie finden nicht statt. Arzttermine und Therapien nehme ich nicht oder nur sehr eingeschränkt wahr, weil ich mich keinem unnötigen Risiko aussetzen möchte.
In meiner Wohnung empfange ich keinerlei Besuch außer meiner Ärztin, meiner Physiotherapeutin und der Putzfee.
Mein Team aus 6 persönlichen Assistenten, welche im Block Dienst arbeiten, unterstützen mich rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche. Durch die Pandemie müssen sie sich in regelmäßigen Abständen einem Corona Schnelltest unterziehen und während des gesamten Dienstes Atemschutzmasken tragen, was die tägliche Arbeit, insbesondere die Pflege wesentlich beschwerlicher macht. Auch in ihrer Freizeit nehmen sie mir zu Liebe bzw. zu meinem Schutz viele zusätzliche Einschränkungen in Kauf ohne dafür in irgendeiner Form entschädigt zu werden.

Ich versuche meine Kontakte zu Freunden und Familie über Telefonate oder Online Meetings zu pflegen. Doch es fehlt der Körperkontakt, das Zwischenmenschliche und die Energien, die entstehen, wenn Menschen aufeinandertreffen.

Wie so viele andere Menschen auch fühle mich oft einsam und abgeschottet vom Rest der Welt. Manchmal auch vergessen.
Ich vermisse meine Freunde und meine Familie. Ich vermisse die Leichtigkeit und Unbeschwertheit im Kontakt mit anderen, insbesondere fremden Menschen. Ich vermisse mein Leben, wie es vor der Pandemie war und frage mich, ob es jemals wieder so sein wird.

Ich träume davon, mich wieder unbeschwert und ohne Angst mit Freunden und Familie treffen zu können – ohne auf die Einhaltung von Abstands- oder Hygienemaßnahmen achten oder einen Mund-Nasen-Schutz tragen zu müssen.
Geliebte Menschen, wie Familie und Freunde wieder in den Arm nehmen zu können fehlt mir ganz besonders. Aber auch Bekannten oder Fremden unbeschwert zur Begrüßung oder Verabschiedung die Hand reichen zu dürfen.
Ich wünsche mir wieder endlich wieder raus zu dürfen und an Festivals, Konzerten oder Kunst-, Tanz- oder Kulturveranstaltungen teilnehmen zu können. Cafes, Restaurants, Bars, Kinos und Clubs wieder besuchen zu dürfen. Aber genauso auch in meinen eigenen vier Wänden wieder unbeschwert und ungezwungen geliebte Menschen empfangen zu können.
Doch all das liegt gefühlt noch in sehr weiter Ferne. Für Menschen wie mich fast im Bereich des unmöglichen. Und doch gibt es auch in dieser schwierigen Zeit Licht im Dunkeln.

Mein ganz persönliches Corona Wunder

Ich schaue an meinem Rollstuhl hinab und da liegt sie – ein kleiner schwarzer Schatten. Ganz eng an mein Vorderrad gepresst, schmatzt sie genüsslich und zufrieden vor sich hin. Da ich mich nicht vorbeugen und meine Hände dafür nutzen kann, strecke ich kurzerhand meinen Fuß nach ihr aus und streiche damit zart über ihr seidiges Fell. Ein tiefes Seufzen erfüllt den Raum und ich spüre, wie sich ihr Körper unter meiner Berührung entspannt. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Zwei Seelen, die sich gefunden haben, denke ich und genieße diesen innigen Moment der Verbundenheit.

Das ist nur einer von vielen besonderen Augenblicken, in denen ich durch Hazel die Welt und dieses ganze Chaos um mich herum vergesse und ganz zufrieden im Hier und Jetzt bin, einfach weil sie an meiner Seite ist.

In den letzten Wochen und Monaten war vor allem sie es, die mir immer wieder Zuversicht, Hoffnung und Leichtigkeit geschenkt hat. Die Licht ins Dunkel gebracht und mich motiviert hat morgens aufzustehen. Sie kam genau zur richtigen Zeit in mein Leben und ist daher mein ganz persönliches Corona Wunder!
Ich kann nur schwer in Worte fassen, welch Glück und Dankbarkeit ich für diesen Neuanfang auf vier Pfoten empfinde. Ich liebe einfach alles an diesem Hund: ihre Lebendigkeit, ihre Spritzigkeit, ihre Sensibilität und Verrücktheit – Hazel steht für Bedingungslosigkeit und pure Lebensfreude. In ihrer Gegenwart ist es so gut wie unmöglich Trübsal zu blasen oder schlechte Laune zu haben. Was ein Geschenk, was ein Privileg solch ein besonderes Wesen an meiner Seite zu haben.

Aufgeben ist keine Option!

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden. Bessere Zeiten! Und so versuche ich, wie so oft schon in schwierigen Zeiten, meine Kräfte zu bündeln. Tag für Tag auf neue mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, den Moment zu fokussieren. Denn dort gibt es soviel Gutes, soviel Positives zu entdecken. Den Sonnenaufgang über dem Rhein, die Vögel, die auf dem Balkon nach Futter suchen, die ersten Vorboten des Frühlings, die Hilfsbereitschaft der Mitmenschen, Natur pur, Kuscheleinheiten und Qualitytime mit meinen Liebsten, insgesamt mehr Zeit für so viele schöne Dinge, die sonst zu kurz kommen. Man muss nur die Augen und das Herz öffnen und hinsehen.

Ich wünsche Euch allen, dass auch ihr ein Licht im Dunkeln habt und die Zuversicht nicht verliert. Bleibt gesund!

9 Comments

  • Sandrina Reichert

    Liebe Nina!
    Wir kennen uns von der Loft zu Deiner Hochzeit 🙂 Sandrina und Sascha…
    Du hast einen neuen Hund! Das ist toll – das Leben rollt immer weiter; gute Herzen gehen, neue kommen. Es freut mich, dass Du Deinen Optimismus nicht verloren hast – das gibt allen viel Kraft und ich bin mir ganz sicher, dass positive Gedanken, Wünsche, Gefühle eine Woge auslösen, die alle trifft, die bewusst oder unbewusst daran beteiligt sind…
    In Gedanken drücke ich Dich, hoffe, dass es viele schöne Momente gibt, die die Pandemie nicht beeinträchtigen kann! Sandrina 🙂

  • Beatrice Gosny

    Liebe Nina ‚ wie schon so oft bin ich so berührt von Dir, von Deinen Texten Deinem Tun..

    Ich bin froh und dankbar, Dich in den Brücker Feldern mit den damals noch so kleinen Mädels und Emely kennengelernt zu haben! 💕

  • Margret

    Liebe Nina, lange Zeit habe ich das Lesen von Deinem Artikel hinausgeschoben.
    Wie schön,das Du in Hazel eine weitere Hundepartnerin im Leben gefunden hast.
    Ich wünsche Euch baldigst eine Coronafreie Zeit mit Zuwendungen,Umarmungen, Familientreffen, alles was das Herz und die Seele braucht .

  • Albena

    Forza Nina ! Du bist für mich das Wunder ! Danke für diese Worte die für mich so wichtig und richtig sind. Ich bewundere dich vom ganzen Herz. Courage und Liebe, wünscht Albena

    • Nina

      Schön von Dir zu lesen liebe Albena. Ich habe mich sehr über Deinen lieben Kommentar gefreut! Herzliche Grüße in die alte Heimat Köln-Brück!

    • Nina

      Dankeschön! Ja, Hazel ist wirklich ein Geschenk besonders in dieser speziellen Zeit. Für Dich und Deinen Vierbeiner auch ganz viel Gesundheit und Zuversicht!

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