An solch dunklen Tagen…

Winterblues

Kürzlich hatte ich wieder einen dieser “dunklen Tage”. Wer kennt sie nicht? Tage oder auch Phasen, an denen man sich zu nichts motivieren kann, keine Energie hat und einfach alles zuviel und zu schwer erscheint.

An solchen (meist kalten, dunklen Winter-)Tagen möchte ich mir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen, in meinem warmen Bett bleiben und mich vor der Welt da draußen verstecken. Einfach allem aus dem Weg gehen, mich in mein inneres Schneckenhaus zurück ziehen und erstmal nicht wieder heraus kommen.

Vor allem meinen Körper, der nicht so funktioniert wie ich es mir wünsche, erlebe ich dann als pure Frustration und Provokation des Lebens. Meine Arme sind an solchen Tagen gefühlt doppelt so schwer wie sonst. Der Brustkorb ist wie zugeschnürt, sodass das freie Atmen schwer fällt und mein Bewegungsradius ist noch kleiner, als er sowieso schon ist. Alles scheint schier unerreichbar – und dabei spreche ich nicht von der Durchführung großer Projekte oder Unternehmungen, sondern von den kleinen Alltäglichkeiten, wie anziehen, Zähne putzen, mit Emily spazieren gehen, meine Assistenz anleiten, usw.

Nicht nur mein Körper, auch mein Kopf spielt an solchen Tagen gern mal verrückt. Alles ist zuviel, jede Anforderung direkt schon eine Überforderung und der Mut sich dem Leben zu stellen ist einfach verschwunden. An solchen Tagen empfinde ich eine unglaubliche Ohnmacht und Ungerechtigkeit darüber, mit einem “nicht funktionierenden” Körper leben zu müssen. Mit einem Körper, der sich meist müde, träge oder schmerzend anfühlt. Der sich weigert die Bewegung auszuführen, die mein Kopf ansteuert. Der nicht einmal die ureigenen Bedürfnisse befriedigen kann. Der von anderen Menschen gepflegt, versorgt und positioniert werden muss. Der sich in den letzten Jahren von so vielen Fähigkeiten verabschieden musste und tagtäglich mit den Folgen des permanenten Kraftverlusts zu kämpfen hat.

Um ehrlich zu sein, das tut wahnsinnig weh, denn ich weiß, das es niemals wieder anders sein wird. Mit dieser Beeinträchtigung zu leben, sie als gegeben zu akzeptieren ist für mich (manchmal) unglaublich schwer.

Leben im Hier und Jetzt

Doch das ist nicht das Ende meiner heutigen Geschichte. Was hilft an solchen Tagen?
Mir hilft es, mich immer wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Dies gilt besonders für Momente, in denen meine Gedanken in der Vergangenheit nach Vergleichen kramen oder Horrorszenarien für die Zukunft kreieren. Achtsam mit meinen Gedanken und Gefühlen umzugehen – mir diese bewusst zu machen, ihnen Raum zu geben und sie nach Möglichkeit anzunehmen und zu respektieren (gelingt natürlich nicht immer ;-)). Für mich zu sorgen, indem ich Dinge tue, die mir gut tun oder die mir gute Gefühle vermitteln (eine heiße Badewanne & ein gutes Buch, mit einer lieben Freundin in die Sauna gehen, mein Lieblingsessen kochen & anschließend bewusst genießen, Kopfhörer auf & sich von der Lieblingsmusik berühren lassen, Texte wie diesen schreiben, meditieren…).

Aber es helfen auch liebe Menschen, die versuchen so gut es geht meine Hände und Füße zu ersetzen. Die mit kreativen Ideen unmögliches möglich machen. Die an meiner Seite stehen, auch wenn mich mal für kurze Zeit die Hoffnung verlässt. Die mich zum Lachen bringen, auch wenn mir zum Heulen zu Mute ist. Die nicht müde werden mir zu zeigen, wie schön das Leben doch eigentlich ist.

Das Glück macht keinen Unterschied

Letzte Woche Sonntag war einer dieser dunklen Tage für mich. Ich kam nicht gegen meinen inneren Schweinehund an. Sah mich ihm hilflos ausgeliefert. Er hatte mich bereits seit einigen Tagen fest im Griff und machte keine Anstalten die Umklammerung zu lösen. Doch ich hatte das unfassbare Glück, das liebe Freunde mich (trotz meines anfänglichen Widerstands) eingesammelt haben und sich mit mir zum Schlitten fahren aufgemacht haben.

An diesem vermeintlich dunklen Tag durfte ich wieder einmal erfahren, wie schön das Leben doch eigentlich ist! Wie bunt und wie facettenreich! Das Freud und Leid nah beieinander liegen können, ohne sich gegenseitig auszuschließen. Dass das Glück keinen Unterschied macht zwischen gesund oder krank, Fußgänger oder Rollstuhlfahrer, Helfender oder Hilfeempfänger, solange man sich darauf einlässt. Glück entsteht meiner Meinung nach da, wo wir uns bewusst einlassen: aufeinander, auf die Natur, auf Emotionen und Situationen.

Während wir mit dem Schlitten durch den Schnee sausten, war mein ganzer Schmerz, meine Ohnmacht und Frustration vergessen, obwohl sie immer noch da, noch in mir waren. Ich spürte die Kälte auf meiner Haut. Den Schlitten, wie er unter mir weich über den Schnee dahinglitt. Lauschte den vergnügten Lauten der Kinder, die ausgelassen im Schnee tobten. Beobachtete meine Emy dabei, wie sie quietsch vergnügt wie ein junger Hund durch den Schnee flitzte. Sah das zufriedene Lächeln auf den Gesichtern meiner Freunde, weil ihre Mission geglückt war.

An diesem Nachmittag konnte ich spüren, wie sich mein Herz wieder Stück für Stück öffnete für die Wunder des Lebens. Ich konnte fühlen, wie das Glück jede Zelle meines Körpers durchströmte und erkannte letztendlich: auch an solch dunklen Tagen… ist das Leben schön!

*Lasst mich an Euren Erfahrungen teilhaben – wie verbringt Ihr solche dunklen Tage? Was habt Ihr für Geheimrezepte zur Bekämpfung des inneren Schweinehunds? Was bedeutet für Euch Glück?
Ich freue mich auf Eure Kommentare …

3 Comments

  • Roxy

    An dunklen Tagen hilft mir:

    -definitiv ein tolles Gespräch und ein schöner Spaziergang mit dir!! <3
    -mich mit Freundinnen auf einen Kaffee treffen
    -Flohmarktbesuche (aktuell sind die Mädelsflohmärkte ganz toll!)
    -natürlich baden und dabei eine Serie schauen
    -meinen Kopf auf den ollen Kater legen
    -mich richtig aufhübschen 😉
    -Saunaaa!
    -mir gönnen, dass ich mir was mega leckeres zu Essen bestelle
    -Gute-Laune-Musik anschmeißen
    -Kinobesuche
    -aufräumen, dabei einen schönen Podcast hören und mich wohl in der neuen Sauberkeit fühlen
    -ein spannendes Buch lesen
    -ein gutes Telefonat
    -Fotos vom letzten Sommer anschauen
    -Urlaub buchen, einen tollen Ausflug planen oder ein Wochenende zum Wegfahren

    Ich drück dich du tolle Frau!!

  • Ilona

    Liebe Nina, ich lese gerade erst diesen Beitrag…. Ja, solche dunklen Tage… was hilft mir dann? Also, ich darf auf keinen Fall traurige oder zu romantische Musik hören… Auf Musik reagiere ich immer sehr stark, viel stärker als auf Schiet-Wetter. Ich muss dann irgendetwas niveauloses haben: Karnevalsmusik oder Ballermann oder Stadl- , also so etwas, von dem eigentlich jeder sagt: “Normalerweise höre ich so etwas nicht!”
    Ansonsten höre ich oft youtubes. Am liebsten Thich Nath Hanh oder Marshall Rosenberg

    zum Beispiel so etwas: https://www.youtube.com/watch?v=iibgCYQTXCs&t=29s

    https://www.youtube.com/watch?v=gMoRtJhVoxc

    Das sind nun willkürliche Beispiele. Es könnte auch jeder andere Vortrag sein … aber diese Art mag ich

  • Anja

    Liebe Nina, ich kann dich gut verstehen. Dunkle Tage kenne ich auch. Ich versuche Erinnerungen zu speichern. Z.B. waren wir mit meiner Tochter und unserem Hund Bella Fotos für ein Schulprojekt machen. Im Schnee…..Peter hat Schnee geworfen und Bella ist gesprungen und gehüpft. Die Stimmung war so ausgelassen und wir haben viel gelacht. Als wir dann zuhause am PC die Fotos gesichtet haben, da saßen wir alle auf engstem Raum zusammen….und haben wieder gelacht. In diesem Moment habe ich inne gehalten und die Situation von außen betrachtet. So ein schönes Bild. In diesem Moment wollte ich nirgends anders sein und war absolut glücklich. Wenn dunkle Tage kommen, dann stelle ich mir vor, ich öffne eine Tür und trete z.B. in diese Situation wieder ein. Das Gefühl kommt wieder zurück und es geht mir besser…….:)

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